Wieder mal eine Rezension von mir: Majakowski im J. Frank-Verlag


Unter dem Titel "Majakowski zur Unzeit" bespreche ich auf dem Webportal www.fixpoetry.com den im Herbst 2014 erschienenen Gedichtband "Der fliegende Proletarier" von Wladimir Majakowski.
Hier der Link zur Rezension: .../kritiken/wladimir-majakowski/der-fliegende-proletarier (NACHTRAG: Inzwischen ist die Plattform fixpoetry als Gründen mangelnder Finanzierung offline gegangen; die dort ursprünglich veröffentlichte Rezension wird deshalb hier im Beitrag eingefügt)


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Majakowski zur Unzeit!? Boris Preckwitz übersetzt sowjetische Propaganda

Die Frage stellt sich schon: Was soll uns Majakowski, der russische Revolutionslyriker (1893 bis 1930), gerade heute – angesichts einer sich scheinbar unaufhaltsam verschärfenden Konfrontation des Westen mit Russland; eines Russlands, dass von seiner politischen Ausrichtung kaum etwas mit der früheren Sowjetunion gemein hat, aber wohl Biographien und Kultur? Warum legt ein deutscher Verlag gerade jetzt ein bisher in Deutschland noch nicht erschienenes Langgedicht Wladimir Majakowskis vor, noch dazu ein eindeutig kommunistisches Werk? Was will uns der Verlag, was will uns der Übersetzer Boris Preckwitz damit sagen? Was sollen wir verstehen? Russlands Herkunft und Gegenwart aus Propaganda und Agitation?

Ich übertreibe: Selbstverständlich ist der Dichter Wladimir Majakowski schon so sehr Teil europäischer Kulturgeschichte, dass sich das editorische Anliegen ein bisher unbekanntes Poem der deutschen Literaturpublikum zugänglich zu machen, eigentlich von selbst rechtfertigen dürfte. Zum steht diese Veröffentlichung nicht allein. Als Band 3 in der neuen Buchreihe „ReVers“ des J. Frank-Verlages neben ebenfalls bisher verborgenen Poemen von Konstantios Kavakis (1865-1833) und Wilfried Owen (1893 – 1918) bietet sich kaum Anlass für eine Deutung als irgendwie politische Positionsnahme im aktuellen Konflikt. Allerdings schützen ursprünglich apolitische Intentionen nicht vor zeitgenössischen Kontexten, Ausdeutungen und Vereinahmungsversuchen. Erschienen ist der Band schließlich im Herbst 2014 inmitten einer zunehmend vereisenden politischen Großwetterlage mit Russland als zentralem Antagonisten. Dahinein ein Gedicht Majakowskis zu publizieren, einem im Russland wohl immer noch verehrten Lyriker der revolutionär-euphorischen Anfänge der Sowjetunion, das könnte man gut und gerne mit dem schönen Wort „Chuzpe“ versehen. Irgendwie mutig, irgendwie irritierend: gegen den Zeitgeist; wie ein Hinweis darauf, die russische Literatur als Teil der europäischen Geisteswelt und als innigen Anregungs- und Bezugsraum gerade der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts nicht zu vergessen. Und kaum einer wäre wohl geeigneter gewesen als Majakowski ein solches – notwendig ambivalent-schillerndes – Signal zu senden: Majakowski, der kommunistische Agitator; Majakowski, der saalfüllende, vielgelesene Volkspoet, Majakowski, der lyrische Revolutionär, Form- und Sprachveränderer.

Einerseits, so wird am Bespiel Majakowski augenscheinlich, haben wir da eine irgendwie bedenkliche gemeinsame Tradition voll Radikalität und Ideologisierung, die man wohl gerne als überwunden und gestrig abtun würde, anderseits aber eine fortwirkende Tradition von Sprechweisen, Abgrenzungen und Verweisungen, ohne die sich die europäische Lyrik der Gegenwart kaum verstehen lässt – in ihrem Pendeln zwischen einer hermetischen Abschließung ins liebhabermäßig Gehobene und ihrer poetry-slam-förmigen Hinwendung zur Menge: Zwischen Widerwillen am und Willen zum Verstanden-Werden und Wirken-Wollen; zwischen Lyrik als elitär-geheimzirkelhaftes oder sich-verschwisternd-öffentliches Sprechen, zwischen Poetisierung als angesprochene Zielgruppe oder gesellschaftliches Reformprogramm. Und Majakowski, pauschal betrachtet, steht für jeweils die zweite, der hier sicherlich allzu stereotyp/idealtypisch einander entgegengesetzten Alternativen.

Wenn man allerdings Differenziertes über den Lyriker Majakowskis erfahren möchte, so ist dafür das im J. Frank-Verlag vorgelegte Poem „Der fliegende Proletarier“ ein denkbar ungünstiges Studienobjekt. Es ist, bei aller Sprachgewalt und -freude, die es vermittelt, wenig mehr als eine Werbeschrift zur Spendensammlung für den sowjetischen Flugzeugbau, vorgeführt a) anhand einer Zukunftserzählung über die letzte Luftschlacht mit dem amerikanischen Kapitalismus (der Moskau mit Drohnen einzuäschern sucht und erst durch eine auf regime change zielende Agitation – hier: der amerikanischen Volksmassen gegen ihre bourgeoisen Unterdrücker – besiegt werden kann) und b) anhand eine rosafarbene Schilderung des friedvoll-glückseligen Privatlebens der allzeit-umher-fliegenden Menschen danach im voll entfalteten, siegreichen Kommunismus.

Dabei kann man sich durchaus an dem hymnisch-wechselnden, pathetisch bis kecken Ton Majakowskis – von Preckwitz sichtlich engagiert und freundvoll übertragen – delektieren; auch die typisch zeilenweise eingerückte Schreibweise, der in je drei bis vier Subeinheiten gebrochenen Langverse Majakowskis lässt sich als mitreisende Rhythmisierung erkennen und genießen. Inhaltlich jedoch begegnet man vor allem dem Agitator Majakowski und vielleicht noch den typischen zeitgenössischen Phantasien einer idealen kommunistische Zukunft voller Technikbegeisterung und einer irgendwie arbeitsam-triebbereinigt-harmonisierten (weder zu sexuellen noch alkoholischen Ausschweifungen neigenden) Menschheit wie man sie auch in den utopischen Romanen der frühen Sowjetzeit findet.

Insofern legt der Verlag mit dem diesem Büchlein mehr ein zeitgeschichtliches Dokument aus dem Jahr 1925 vor, dessen Bedeutung zum Verständnis der fortwirkenden Bedeutung der Poetologie Majakowskis eher gering ist – aber als Einladung für ein intensiveres und breiteres Nachlesen, was es mit dem ehemals so berühmten Lyriker Majakowski so auf sich hat, durchaus wertgeschätzt werden kann. Dazu leistet mit Bestimmtheit auch die bewährt liebevolle Gestaltung des Buches durch den Verlag ihren Beitrag. Insbesondere die futuristisch angelehnten Illustrationen Jakob Hinrichs, schwarz-weiß mit einem deutlichen Goldton, sind als Bereicherung und Schmankerl hervorzuheben.

Hilfreich für eine vertiefte und weitere Auseinandersetzung sind sicherlich auch die dem Langgedicht beigegebenen Anmerkungen und die editorische Notiz des Übersetzers Boris Preckwitz, eine tabellarische Darstellung des Lebens und künstlerischen Schaffens Wladimirs Majakowskis im Kontext gesellschaftlicher und politischer Ereignisse sowie ein Nachwort von Jan Kuhlbrodt, das „Majakowski als Prophet“ thematisiert.

Wenngleich – hier sei ein kleine kritische Anmerkung erlaubt – Kuhlbrodts Nachwort eher als eine privatime Assoziationskette der eigenen Begegnungen mit dem künstlerischen Topos des Fliegens und der irgendwie verstreut und gegenläufig-gegensätzlichen eigenen Berührungen mit Majakowski erscheint, die letztlich zwar auf eine Verbrüderung / Vereinnahmung im eigenen Willen zum Langedicht und zum Prophetismus / Futurismus hinauslaufen, aber wenig mit Majakowski selbst als Person, Poet, Kind seiner Zeit und Kultfigur im realen Sozialismus zu tun hat. Majakowskis mündig-selbstbewusste fliegende Proletarier verwandeln sich bei Kuhlbrodt letztlich sogar zum Zerrbild ausgelassener Urlaubsreisender auf dem Weg nach Mallorca (das ewig-tumbe Untertanenvolk der bürgerlichen Eliten), deren Gegenwart er – in einer nicht anders als zynisch zu nennenden Umkehrung ihres Ursprungssinns – mit den berühmten Majakowski-Versen einer Aufhebung der Geschichte zum Besseren („Wolln die Schindmähre zu Schanden reiten“) als genusssüchtiges Marschieren in den Weltuntergang kommentiert: „Links / Links / Links“.

Womöglich missdeute ich hier aber auch Kuhlbrodts Schlusszitat. Zustimmen mag ich ihm schließlich in der These, dass man bei Majakowski die poetisch und gesellschaftlich inspirierende Kraft einer Zukunft als Verheißung sehen und lernen kann, als sich in der Gegenwart spiegelndes Versprechen, als Ansporn und Anregung zum Guten, zum Frieden, zur Verständigung, zum Leben und Leben lassen – bei Majakowski (früher einmal) hieß das eben „Kommunismus“.

Wladimir Majakowski (1925/2014): Der fliegende Proletarier. Übersetzt von Boris Preckwitz, Illustrationen von Jakob Hinrichs, Nachwort von Jan Kuhlbrodt. Edition ReVers #03. Berlin: Verlagshaus J. Frank, 124 Seiten, ISBN: 978-3-940249-62-3, Preis: 14,90 €

Notopia

Ein Scan von der mindestens A3-formatigen Seite des Clownfisch-Magazins - mit strategisch/thematisch platzierten Regentropfen und Fettfleck ...

Neue Literaturkritik: Geoffrey Hill

Ob ich Geoffrey Hill als Urlaubslektüre empfehlen würde?

Ja wann denn sonst hätte man derart viel Zeit und Raum sich in solch fulminant-eindrücklichen Gedanken und Versen zu verlieren?

Wenn man's richtig machen würde - aber wer hat schon heute noch das Talent dazu - dann reicht ein Gedicht von Geoffrey Hill pro Tag um grübelnd-sinnend ausgelastet zu sein ... Jetzt sogar auf Deutsch!

Mehr Worte von mir unter folgendem Link: http://www.fixpoetry.com/feuilleton/kritiken/geoffrey-hill/fuer-die-ungefallenen  ((NACHTRAG: Inzwischen ist die Plattform fixpoetry als Gründen mangelnder Finanzierung offline gegangen; die dort urspürnglich veröffentlichte Rezension wird deshalb hier im Beitrag eingefügt)



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Aus Trauer und Zorn eine Tröstung. Lyrik von Geoffrey Hill auf Deutsch. 

Zu den meisten, zu den grundlegenden Dingen, die angesichts des gerade erschienenen Auswahlbandes von Gedichten Geoffrey Hills zu sagen wären, wird der Rezensent sich zurückhalten. Das ist eine Frage der Verhältnismäßigkeit: Dort der 1932 geborene, angesehen-etablierte Lyriker und Literaturkritiker, der – so das Nachwort (S. 164) – „in der angelsächsischen Welt […] zu den Größten seiner Zunft“ zählt, hier der … ach, im Vergleich: ein Kiesel. Dort die Zusammenstellung von Texten aus fast 50 Jahren dichterischem Schaffen, hier der begrenzte Versuch das reichhaltige und dichte Material in einer bloß wochenlangen Lektüre zu durchdringen – ohne Zeit und Lust, nach zusehen und auf zu bereiten, was Geoffrey Hill sonst noch geschrieben (oder in seinen Oxford-Poetry-Lectures seit 2010 vorgetragen) hat oder wie sein Werk von der Literaturkritik und Literaturwissenschaft üblicherweise diskutiert wird. Obschon es ein solcher ausgreifend-systematischer Auswahlband, wie er in der Edition Lyrik Kabinett bei Hanser erschienen ist, nahe legt, scheint es dem Rezensenten unmöglich und unpassend, sich zur Person, zum Werk und zum bleibenden Beitrags des Dichters Geoffrey Hill zur Lyrik im Allgemeinen und zur englischen im Besonderen zu äußern. Selbst Auch zur Repräsentativität und der Auswahl der Gedichte im vorliegenden Band vermag er sich nicht zu äußerneinzuschätzen; das mögen andere, berufenere tun.
Insofern ist die Hauptbotschaft der vorliegenden Rezension der informatorische Hinweis, dass es nun (wie man im Nachwort des Übersetzers Werner von Koppenfels liest), abgesehen von Prosagedichten in einer Lyrikanthologie, die von Uwe Kolbe übertragen wurden, erstmals Gedichte von Geoffrey Hill publiziert in einem deutschen Verlag, zweisprachig Englisch/Deutsch zu lesen gibt – abgesehen von Prosagedichten in einer Lyrikanthologie, die von Uwe Kolbe übertragen wurden.
Der Umstand, dass es sich bei diesem Auswahlband um eine deutschsprachige Premiere, erlaubt es dem Rezensenten zumindest teilweise die Scham über seine eigene literaturwissenschaftliche Unbelecktheit und Naivität zurückzudrängen: dDass Geoffrey Hill ein großartiger, wortmächtiger Lyriker ist, den es sich lohnt anzuschauen, dürfe im deutschsprachigen Raum noch einen gewissen Neuigkeitswert haben.
Wenn man – wie der Rezensent es tut – die von Werner von Koppenfels besorgte Textauswahl als repräsentativ für die Poetik Geoffrey Hills betrachtet (versammelt sich sind Gedichte aus zehn Lyrikbänden von 1959 bis 2007), so ist zuallererst die zunehmende Abkehr von gereimten, metrisch gebundenen und strophenförmig strukturierten Einzelgedichten bemerkenswert. Seit den 1980er Jahren finden sich zunehmend Langzyklen unbetitelter, laufend durchnummerierter Texte in freien Versen. Während Anfangs, bei einer Vorliebe für historische Stoffe und ein lyrisches Einfühlen in fremdländische Protagonisten – gerne auch zu Versepen zusammengebunden, die Gedichte Hills noch um voneinander abgrenzbare Einzelthemen und -aspekte kreisen, erscheinen seine neueren Texte nicht nur formal, sondern auch inhaltlich wenig abgrenzbar und fokussiert, assoziativ und collageartig -, wie eine Einladung zur Teilhabe an einem sich kraftvoll durch eine weite Landschaft von persönlichen Erinnerungen und mythologisch-realgeschichtlichen Bezügen hinwühlenden Bewusstseinsstrom.
Was sich aber bei Hills Lyrik erhält und durchzieht ist seine wuchtige, teilweise barock-pathetische Sprache, die selbst geschichtliche Ereignisse und Personen des 20. Jahrhunderts (wie die Verschwörer der 20. Juli) in einen archaisch-mythologischen Rahmen transferiert. Als Beispielauszug hierzu der erste Teil aus dem Text „Kanaan“ (S. 83), der an den ersten Weltkrieg erinnert:

„Sie marschieren Gott / zu Gefallen durch Flandern / mit Maschinenpistolen, / Chorälen, Kanonen / aus dickleibiger Bronze, / mit ächzenden Karren, / Baal zu stürzen. An / Kreuzungen hissen sie / Leichen und verschmutzte / Banner des Lamms. / Die Sonne hält Gerichtstag. / Unbeirrt/ heben sich, fallen / die Opfermesser, wie / unbehindert / durch Knochenmasse.“

Bei Hill bleiben biblische Geschichten, die klagend-trotzige Anrufung Gottes, die ganze Geschichte Englands und Europas nicht nur lebendig, sondern auch fortgeschrieben-gegenwärtig – zudem ohne rationalisierend-aufklärerische oder ironisch-postmoderne Brechung, als gäbe es keinen Einschnitt, keine Differenz zwischen der Dunkelheit des Mittelalters und der Düsternis der Gegenwart, insbesondere der Weltkriege und des Dritten Reichs.
Hills thematisch-poetischer Standpunkt scheint damit gewissermaßen wie aus der Zeit gefallen, traditionell abendländisch-europäisch-historisierend und zugleich skeptisch hypermodern: dDen modern-westlichen Fortschritts- und Rationalitätsglauben minimierend zu einer allzu jungen, in ihrer Substanz ungefestigt-brüchigen Episode, die einer fortwährenden Befragung und Hinterfragung bedarf. Andererseits: rückgewandt-romantisierend ist Hill keineswegs. Seine Sprache und thematischen Verzweigungen verweisen nicht auf das Gute im Gestern, sondern auf fortwirkende, nicht zu vergessende Martyrien. Wenn man ihm eine gewisse Distanz und Abwendung von der Gegenwart attestieren möchte, dann als Bekenntnis zur Eigenständigkeit und Eigenwertigen der Poesie als schwer-wuchernden Welt aus Klang und Bedeutung. Dazu ein – in dieser schon musikalischen Klarheit fast einmalige –Passage aus dem Gedichtzyklus „Der Triumph der Liebe“ aus dem Jahr 1999, nummeriert mit CXLVIII:

„… /– so – Croker, MacSikker, O’Shem – ich frage euch: / wozu sind Gedichte da? Sie sollen uns trösten / mit ihrer besonderen Gabe, der perfekten Tonhöhe gleich. / Das wollen wir unserem Staub einprägen. Was sollte / ein Gedicht sein? Antwort: eine Tröstung / aus Trauer und Zorn. Was ist / das Gedicht? Was stellt es dar? Sagt, / eine Tröstung aus Trauer und Zorn. So ist es / schön. Das Ganze nochmal? Aus Trauer und Zorn / eine Tröstung.“ (S. 117, kursiv im Original).

Einiges zu sagen wäre zur Übersetzung; einerseits dankend und wertschätzend für die Bemühung, die Lyrik von Geoffrey Hill in dieser Fülle einem deutschsprachigen Publikum zugänglich zu machen. Andererseits punktuell kritisch zu manchen Entscheidungen des Übersetzers bezüglich Wortwahl, Satzstellung oder Zeilenumbruch. Vielleicht mag es dem fehlenden englischen Sprachvermögen oder zumindest der Unkenntnis bestimmter Doppelbödigkeiten im Ausdruck geschuldet sein, aber warum schon im ersten Gedicht des Auswahlbandes (Genesis, S. 4 und 5), die Verszeile „And where the streams are salt und full“ mit „Kaum warn die Ströme geil und voll“ zu übersetzen war, erschloss sich nicht. Auf Seite 72 lautet eine Verszeile „self-portrait with a seraph and a storm“; Seite 73 steht: „Selbstporträt mit Sturm und Seraph“. Und sicherlich war es schwierig, das Gedicht XXXVII auf Seite 106 sprachlich ins Deutsche zu übertragen; dennoch irritieren die im Sinnzusammenhang abweichend gesetzten Zeilenumbrüche. Zu Erläuterung hier das Original und die Übersetzung, die – das ist ein wertvoller Bonus des Bandes – sich jeweils gegenüberstehen:

„Shameless old man, bent on committing / more public nuisance. Incontinent / fury wetting the air. Impotently / bereft satire. Charged with erudition, / put up by the defence to be / his own accuser.”
“Schamloser Alter, ganz versessen darauf, noch mehr / öffentliches Ärgernis zu erregen. Inkontinenz seiner Wut / bettnäßt die Luft. Impotenz / einer Satire von Sinnen. Der Buchgelehrsamkeit / bezichtigt, von der Verteidigung angestiftet, / sein eigener Ankläger zu sein.“

Aber dies sind Kleinigkeiten in einer ansonsten beeindruckenden Übersetzungsarbeit.
Zu dem (sehr informativen) Nachwort des Übersetzers sei nichts gesagt: Schon allein, weil es in seiner intensiven und kenntnisreichen Besprechung nicht nur des Werks von Geoffrey Hill, sondern auch seiner Themen und Symboliken, dem Rezensenten nur allzu klar aufzeigte, was er hätte alles wissen und berücksichtigen müssen, ehe er das Buch hätte besprechen können. Zum Glück kann man’s dort nachlesen.

Geoffrey Hill: Für die Ungefallenen. Ausgewählte Gedichte 1959 - 2007. Zweisprachige Ausgabe. Edition Lyrik Kabinett. Band 31. München: Carl Hanser. 2014, 978-3-446-244488-7, Gebunden, 176 Seiten, 14,90 EUR.