Zur Erklärung: Haikus

Zur Erklärung: Haikus


Nach nunmehr dreißig verfassten Gedichten mit dem Label Haiku, scheint es mir angezeigt, etwas zur Bedeutung bzw., da Bedeutung zu allgemein und endgültig klingen mag, zu meiner Auslegung dieses Begriffes nachzutragen. Haikus (die richtigere Mehrzahl form ist wohl Haijin), darüber kann man sich gut (verlässlich?) auf Wikipedia informieren (http://de.wikipedia.org/wiki/Haiku), sind eine japanaische Gedichtform, bei der die Anzahl der Gedichtzeilen und Laute (Silben) streng limitiert ist: Alles was zu sagen ist, muss prinzipiell in drei Zeilen mit fünf, sieben und wieder fünf Silben gesagt werden.

Dass mir diese restringierte Platzvorgabe für meine Gedanken oft nicht ausreicht, zeigt sich an meinen Haikus, die zumeist um Zweizeiler mit jeweils sechs Silben ergänzt sind (maximal zwei) oder auch aus mehreren  Haiku-Strophen mit jeweils anschließenden Zweizeilern bestehen. Mit diesem Ergänzungen ähneln meine Haikus der Form nach eher Rengas, wobei die zweizeiligen Unterstollen  bei mir jeweils statt sieben Silben nur sechs umfassen (da ich mich dieser "Platzvorgabe" nicht erinnerte / nicht um sie wusste, bevor ich sie gerade nachschlug ...) 

Meine Konzeption folgt einer Interpretation dieser Gedichtform wie sie vor Jahren - meiner Erinnerung nach - im Halleschen Dichterkreis diskutiert wurde: Demnach werden die dreizeiligen Haikus als Gesprächsauftakt verstanden, denen dann zweizeilige Antworten  - eventuell oder sogar idealerweise durch andere AutorInnen - folgen. (insofern sind die Haikus auch als Einladung zur zweizeiligen Kommentierung zu verstehen.) Während der Eingangsdreizeiler den Auftrag hat, eine möglichst anregungsreiche Natur- bzw. Wirklichkeitsbeobachtung einzubringen, dienen die zweizeiligen Antworten, der (widerstreitenden) Auslegung dieser Beobachtung.

Dass man - gerade als (post-)moderner Hobbydichter - nicht alles so streng nehmen muss, mag begründen, warum ich auch Kurzgedichte mit abweichenden Zeilen- und Silbenzählungen als Haikus bezeichnet habe - obschon ich mich in der letzten Zeit, um eine konsequente Einhaltung der formalen Zählvorgaben mühe ... wodurch eventuelle Abweichungen - die ich mir weiter, auch aus Gründen menschlicher Schwäche / dichterischem Unvermögen weiterhin vorbehalten möchte - eine besondere Bedeutungsaufladung der bewussten Formbrechung erfahren.

Eine mir wichtige eigene Erfahrung im Verfassen der Haikus ist der Spaß und auch subversive Sinn (der Anregungsgehalt), der entsteht, wenn ich - um die Silbenanzahlen einzuhalten - bisweilen und immer öfter silbengenerierende Vokale aus Wörtern streiche (sie durch Apostrophe ersetze):  Vielleicht finde ich hier sogar meinen eigenen dichterischen Ton - zumindest wenn es um Kurzgedichte geht.